© Herrmann Knecht
Hinweis: Für ausführliche und detailierte Informationen zur Weiseler Geschichte besuchen Sie www.weiseler-geschichte.de
Weisel 1961
"Etwas winterlich und rauh, jedoch ziemlicher Maßen gesund"
( So beschreibt ein Konventsprotokoll im Jahre 1607 die Gemeinde Weisel )
In der Geschichtsschreibung begegnet uns die Höhengemeinde Weisel erstmals um 1200 als "Wieselo".Von hier stammten die Ahnen der Ritter von Heppenheft, dem angesehenen Geschlecht, das in seinem Herrschaftsbereich die gleichnamige, früh verfallene Burg errichtete. Der Ort gehörte ebenso zu dem Besitz der Herren von Falkenstein, wie die beiden Orte Dörscheid und Kaub. Das damalige Wizele, oder Wissel scheint sogar eine größere Bedeutung als Kaub besessen zu haben, denn bei der Teilung des Falkensteinischen Besitzes im Jahr 1275 werden Dörscheid und Kaub als Filialen der Weiseler Kirche bezeichnet.
Erst später, nachdem Ludwig der II von der Pfalz 1277 und 1289 diesen Besitz von den Brüdern Philipp II und Werner I von Falkenstein käuflich erworben hatte, entstand das kleine pfälzische Amt mit Kaub als Mittelpunkt. Bereits am 23.März 1324 verlieh Ludwig der Bayer die Stadtrechte an Kaub und Weisel. Und kaum eine Woche später schenkte er mit Zustimmung des Pfalzgrafen das Patronatsrecht über die Parochialkirche Weisel, der noch immer die Kirche in Kaub zugehörte, dem Kloster Klahrenthal, um sich "ein zukünftiges und ewiges Verdienst bei dem Allerhöchsten zu verschaffen". Bis zur Einführung der Reformation konnte sich das Kloster dieses Recht bewahren.
Wann in Weisel die erste evangelische Predigt gehalten wurde, ist nicht bekannt, denn erst im Jahr 1593 beginnen im Kirchenbuch die Aufzeichnungen des Pfarrers Christoph Resch. Über ihn wurde einmal bei dem Inspektor in Bacharach die unerhörte Klage geführt, daß er sich "auf einem Hochzeitssimbs mit Weintrinke übernommen habe". Über die Folgen dieser Überanstrengung wird leider nichts berichtet, und ansonsten wurde Resch von seiner Gemeinde gelobt.
Mit der Reformation wurde auch in Weisel der Schulunterricht eingeführt, der üblicherweise im Sommerhalbjahr bis nach der Ernte ausgesetzt wurde, um den Kindern die Mithilfe bei der Feldarbeit zu ermöglichen. Der Lehrer unterstand kirchlicher Aufsicht, hatte auch den Küster- und Organistendienst zu verrichten und war wegen des niedrigen Gehalts oft auf ein weiteres Handwerk oder Gewerbe angewiesen. So betrieb der erste im Kirchenbuch erwähnte Lehrer wohl eine Art Pension, denn er mußte ermahnt werden, "die Uhr besser zu richten, die Schul fleißiger zu versehen und die Landstreicher nicht so oft zu beherbergen, noch zu lang aufzuhalten, sondern alsbald morgens fortzuschicken, ebenso das gefährliche Bierbrauen zu lassen". Vielleicht half der Genuß von Wein und Bier den Weiselern, die klimatischen Verhältnisse besser zu ertragen, denn im Jahr 1607 stellte die reformierte Inspektion in Bacharach fest, "der Ort ist etwas winterisch und rauh, jedoch ziemlicher Maßen gesund". Das stellten die Weiseler auch unter Beweis: Nachdem die Pest 1613 einen großen Teil der Bevölkerung dahingerafft hatte, zeigten sie sich schon ein Jahr später wieder so "ziemlicher maßen gesund", daß im Kirchenbuch 25 Geburten zu verzeichnen waren, und damit zehn mehr, als in normalen Jahren.
Im Dreißigjährigen Krieg blieb die ganze Region nicht von Plünderungen, Brandschatzungen und fremden Einquartierungen verschont. Die Befestigungen des Dorfes, von der 1681 noch zwei Pforten vorhanden waren, half nicht gegen Hungersnöte und Seuchen, die durchziehende Kriegsheere mit sich brachte. Sie konnte nicht die dreimalige Plünderung des Pfarrhauses, weder das Niederbrennen von Schule und Zehntscheuer im Jahr 1635, noch die unbeschreiblichen Greueltaten an der Bevölkerung verhindern. 1650 lebten nur noch 37 Familien im Ort.
Zu der Hinterlassenschaft des Krieges gehörte auch menschliche Verrohung und Sittenlosigkeit, der jedoch die Geistlichkeit mit Kirchenstrafen den Kampf ansagte. Auch bei eher harmlosen Auswüchsen wurde streng eingeschritten: "Erstlich ist geklagt worden über die Spielstuben im Dorf, darin sich etliche aus den alten und jungen Buben am Sonntag zwischen der Predigt finden lassen . Diese sind von den Ältesten von solcher Sünd abzustehen vermahnt worden bei Strafe von zwei R."
Zwischen Katholiken und Protestanten kam es immer wieder zu Streitigkeiten um die Benutzung der Kirche. Einen Höhepunkt erreichten die Auseinandersetzungen am 18.März 1699, als die Katholiken ohne jede Ankündigung zu völlig ungewohnter Zeit mit den Glocken läuteten. Viele Weiseler, denen noch der Schrecken des Brandes in den Knochen steckte, der kurz zuvor den größten Teil des Dorfes eingeäschert hatte, verstanden dieses Läuten als Alarmsignal und eilten mit Brandeimern herbei. Über dieses Mißverständnis, von vielen als grober Unfug angesehen, gerieten sie mit den Katholiken in so heftigen Streit, daß 16 Soldaten von der Festung Gutenfels für drei Tage in den Ort geschickt wurden. 1707 wurde dann den Reformierten das alleinige Nutzungsrecht an der alten, baufälligen Kirche zugesprochen, an deren Stelle sie von 1775 bis 1777 das heutige Gotteshaus errichteten.
Die bereits 1764 geweihte katholische Kapelle wurde 1847 abgerissen, und 1856 durch den Neubau an der Altpforter Straße ersetzt. Am 2.Dezember 1802 endete die über 500-jährige Zugehörigkeit Weisels zur Kurpfalz. Das pfälzische Unteramt Kaub ging 1806 im neu gegründeten Herzogtum Nassau auf.
1810 legte ein Brand 63 Gebäude - fast die Hälfte des Dorfes - in Schutt und Asche. In dem strengen Winter 1813/14, als Weisel im Aufmarschgebiet von Blüchers Truppen zum Rheinübergang in Kaub lag, ging in deren Wacht und Lagerfeuern wiederum alles Brennbare, Möbel, Türen, Pflüge, Heu und Stroh in Flammen auf. Der Schaden wurde auf 30.000 Gulden geschätzt. Zudem forderte das Fleckfieber über 70 Opfer unter der Zivilbevölkerung. Trotz dieser Rückschläge entwickelte sich Weisel zu einer wohlhabenden Landgemeinde.
Die beiden Konfessionsschulen wurden 1818 zu einer Simultanschule vereinigt, die 1829 das neuerrichtete Schulgebäude bezog. 1876 leistete sich die Gemeinde den noch heute repräsentativen Rathausneubau aus rotem Backstein. Eine 1926 eingeweite und neuerdings erweiterte Turnhalle ist zum sportlichen und kulturellen Zentrum Weisels geworden. Grundlage für dieses Wachstum war eine florierende Landwirtschaft und der nicht unbedeutende Bergbau in den Gruben Kreuzberg und Viktoriastollen. Heute sind eine Firma für Elektrotechnik und ein Maschinenbauunternehmen die größten Arbeitgeber am Ort. Und die über 1000 Einwohner wissen den Wohnort in ihrem "etwas winterisch und rauhen" Weisel sehr zu schätzen.